Krankenkommunion
Von Jesus lesen wir in der Hl. Schrift, dass er die Kranken segnete und heilte. Er
sucht die Gemeinschaft mit den Kranken und Schwachen. Er will ihnen nahe sein, sie trösten und stärken.
Diesem Beispiel folgen seine Jünger. So erfüllen die christlichen Gemeinden seit den ersten Tagen der Kirche
den Liebesdienst an den Kranken und Schwachen. Die Pfarrgemeinde setzt ein besonderes Zeichen der Zusammengehörigkeit,
wenn der Priester, der Diakon oder ein vom Bischof beauftragter Kommunionhelfer die Krankenkommunion bringt.
Ein Kranker, der zu Hause die heilige Kommunion empfängt, soll spüren, dass er zur Gemeinschaft der
Glaubenden gehört und an ihrer festlichen Feier in der heiligen Eucharistie Anteil hat, vor allem am Sonntag.
Das Sakrament der Krankensalbung
Ein Kranker steht in seiner Leidenssituation dem leidenden
Herrn in besonderer Weise, vielleicht sogar in dramatischer Weise nahe. In dieser herausfordernden Situation
seiner Nachfolge des Herrn soll der kranke Mensch nicht allein gelassen sein. Das Gebet des Glaubens wird dem
Kranken Heil bringen. Keine Schuld soll ihn von Gott trennen. Ja, der Herr, der um das Leiden weiß, weil er
selber furchtbar gelitten hat, will ihm ganz nahe sein und ihn aufrichten.
Der Empfang des Sakramentes der Krankensalbung soll den Kranken in besonderer Weise mit Christus (d.h. wörtlich
dem Gesalbten Gottes) verbinden. Darum soll der Kranke in jeder ernsten Krankheit das Sakrament der
Krankensalbung empfangen, um so die stärkende Nähe des Herrn zu erfahren. Dieses Sakrament ist ein Sakrament
der Lebenden, es will den Kranken keineswegs vorzeitig dem Tod überantworten. In der Gemeinschaft mit Christus
wird der Kranke aber auch das Sterben bestehen, denn der Mensch ist zum Leben bestimmt und nicht zum Tod.
Erfahrungen und Fragen eines Christen in der Krankheit
Ein persönliches Zeugnis
Ich bin krank. Meine Welt wird kleiner, beschränkt sich auf das Schlafzimmer, auf das Krankenzimmer. Sie
endet oft schon an der Tür des Raumes oder auf dem Besuchergang. "Draußen" nimmt das Leben seinen
Lauf - an mir vorbei.
Ich fühle mich isoliert, abgeschnitten von den Menschen und Dingen, die mir viel bedeuten. Mein Lebensrhythmus
ändert sich, ich kann nicht mehr frei darüber entscheiden, was ich gerne tun möchte. Versorgung und
Behandlung bestimmen weitgehend meinen Tagesablauf.
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Ich erlebe meinen Körper
plötzlich anders, achte ängstlich darauf, was in mir vorgeht, mit mir geschieht, ich fühle mich bedroht.
Es fällt mir schwer, mich in meiner Schwäche anzunehmen. Kraftlos, hilflos bin ich angewiesen auf die
Zuwendung und den Dienst anderer Menschen. Vielleicht tut es mir zunächst noch gut, nichts mehr leisten zu
müssen und alles - mich selbst - in andere Hände zu legen. Doch allmählich spüre ich den inneren
Widerstand gegen diese erzwungene Untätigkeit. Wie werden die anderen, meine Familienangehörigen, meine
Freunde, meine Berufskollegen ohne mich fertig? Ich habe Angst, austauschbar, ersetzbar zu werden. Es bedrückt
mich die Sorge um meinen eigenen Platz im Leben.
Was nützt es mir, wenn man zu mir sagt: Vielen Menschen
geht es genauso, manche sind noch viel schlimmer dran. Ich erlebe die Krankheit auf meine eigene, persönliche
Weise und suche - vielleicht verzweifelt - nach meinem eigenen Weg, damit fertig zu werden. |
In den Stunden der Nacht und im scheinbar endlosen Warten auf
Besuch tauchen auf einmal Fragen auf, die ich in dieser Härte noch nicht kennen gelernt habe: Welchen Grund
und welchen Sinn hat mein Leben? Wovon lebe ich eigentlich? Was und wer kann mir jetzt noch Halt geben?
Manchmal fange ich an nachzugrübeln: Ob Gott mich wohl für
meine bisherige Lebensgestaltung strafen will? Wenn nicht, was für einen Sinn hat mein Kranksein und warum
trifft es dann gerade mich? Wie kann Gott das zulassen? Ich
habe das Gefühl, mit meinen Fragen allein gelassen zu sein, ich sehne mich nach einem Menschen, mit dem ich
darüber sprechen kann. Allein werde ich damit nicht fertig.
Jemand sagt, ich solle meine Krankheit als Chance begreifen, sie könne eine Wandlung meines Lebens bewirken
und mich zu innerem Wachstum führen. Dagegen wehre ich mich; denn ich möchte durch nichts, schon gar nicht
durch eine Krankheit, gezwungen werden, mich und meinen Lebensstil zu ändern. Vielleicht kann ich später
einmal diese persönliche Krise als sinnvoll für mein Leben erkennen, vielleicht erweist sich rückblickend
meine scheinbar verlorene Zeit des Krankseins als heilsame Zeit.
Aber jetzt - jetzt bedrückt mich zunächst das Auftauchen der
Frage nach dem Warum und nach dem Sinn. Es ist, als ob ich dadurch eingestehen müsste, wie ohnmächtig ich
gegenüber dem Verlauf meines Lebens bin. Gleichzeitig zeigen mir diese Fragen, dass ich mich nicht einfach mit
meinem Schicksal abfinden will, sondern mich da gegen auflehne. Hinter der Frage nach dem Sinn des Leids steht
für mich also das Ringen um seine Bewältigung.
Manche Menschen wünschen mir viel Geduld und meinen, ich solle alles tapfer ertragen. Ich denke mir, die können
leicht reden, und fühle mich unverstanden, allein gelassen mit allem, was mich bedrängt und bedrückt.

Mir fällt ein, dass Geduld und das klaglose Annehmen von Leid
oft als christliche Tugenden gepriesen werden. Stimmt das wirklich? Es gibt doch in der Heiligen Schrift genügend
Erzählungen, in denen deutlich, ja drastisch geschildert wird, wie Menschen ihr Leid zum Ausdruck bringen.
Ein großer Teil der Psalmen sind Klagepsalmen voller Leidenschaft und Verzweiflung: "Kraftlos bin ich und
ganz zerschlagen, ich schreie in der Qual meines Herzens. All mein Sehnen, Herr, liegt offen vor dir, mein
Seufzen ist dir nicht verborgen" (Ps 38, 9f).
Mir fällt ein, dass auch der so genannte Dulder Hiob im Alten Testament alles andere als still gefügig war.
Er begehrt auf gegen sein Schicksal, hadert mit seinem Gott, er klagt und erhebt Anklage:
"Zum Ekel ist mein Leben mir geworden, ich lasse meiner Klage freien Lauf, reden will ich in meiner Seele
Bitternis" (Hiob 10, 1).
Und sogar Jesus, so berichten die Evangelien, hat in seiner Todesstunde mit den Worten des Psalmisten seine
Verlassenheit hinaus geschrien:
"Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen" (Mk 15, 34)?

An wen wende ich mich in meiner Not, bei wem kann ich
mich aussprechen, von wem fühle ich mich verstanden und angenommen? Wage ich es, mich und meine Klage auch vor
Gott, vor diesen Gott Hiobs und den Gott Jesu Christi zu tragen?
Die Aussagen der Heiligen Schrift sind mir ein Zeugnis dafür,
dass dieser Gott ein lebendiger Gott ist, ein Gott, der von sich sagt: "Ich bin für euch da" (vgl.
Ex 3, 14), ein Gott, den Jesus Vater nennt. Aber ich spüre, wie schwer es mir fällt, gerade in meiner
Situation des Krankseins, in meiner Einsamkeit und Verlassenheit, in meiner Enttäuschung und Auflehnung diesen
Gott als Vater anzusprechen. Wenn ich es dennoch versuche, zögernd, gleichsam vorsichtig mich an ihn heran
tastend, dann hoffe ich zu erfahren, was es heißt: Gott hört mein Rufen, ist nahe meinem Flehen.
In der Person Jesu Christi, der am eigenen Leib Unverständnis,
Verrat, Verlassenheit, Schmerzen und sogar den Tod erfahren hat, begegnet mir diese Zuwendung Gottes in
besonderer Weise. Deshalb kann ich mich ihm anvertrauen und seinem Wort glauben, wenn er sagt: "Kommt alle
zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. Nehmt mein Joch
auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure
Seele" (Mt 11, 28f).
In jedem Menschen, der mir in meinem Kranksein nahe bleibt,
mich anhört und annimmt und mir dadurch wieder Vertrauen und Hoffnung schenkt, kann auch etwas von dieser
Liebe Gottes sichtbar und erfahrbar werden. Diese menschliche Anteilnahme erlebe ich als befreiend und
ermutigend, die Nähe des anderen ist mir wichtiger als aufmunternde Worte und geistreiche Erklärungen; denn
ich spüre dahinter die Antwort Gottes auf meine Fragen. So entsteht eine Atmosphäre der Geborgenheit, die der
Psalm 139 mit den Worten umschreibt: "Du umschließt mich von allen Seiten und legst deine Hand auf
mich"
(Ps 139, 5).
So kann ich auch meine ungelösten Fragen leichter ertragen,
ich brauche nicht zu resignieren oder bitter zu werden; denn ich weiß mich hinein genommen und getragen in der
Hand des mitleidenden und mitgehenden Gottes.
In einer solchen Haltung des Vertrauens und der Geborgenheit,
in die ich langsam hinein wachsen kann, wird die Frage nach dem Sinn der Krankheit nicht mehr so bedrückend für
mich sein. Auch wenn ich nicht - noch nicht - begreifen kann, wozu dies alles gut ist, ich darf meine Hoffnung
auf diesen Gott setzen, von dem ich glaube, dass er alles zum Guten wenden wird.
Ich habe einmal folgende Zeilen gelesen, die mir in meiner
Krankheit sehr wichtig wurden:
"Gott ist nicht ein Freund der Krankheit, so dass er
das Leid als eine Art Erziehungsmittel einsetzt, sondern ein Freund der Kranken. Er steht auf der Seite des
Lebens. Jesus gibt den kranken Menschen, denen er begegnet, keine Sinndeutung ihres Leids, sondern er heilt
sie, damit die Werke Gottes an ihnen offenbar werden" (vgl. Joh 9, 3).
Anmerkung:
Der vorliegende Text wurde auszugsweise dem Heft "Krankensakramente" entnommen, herausgegeben vom
Erzbischöflichen Seelsorgereferat München, Rochusstraße 5-7, 80333 München.